Talentstiftung Henning Tögel

Fortsetzung Bericht aus Mexiko Teil 4

Liebe Leserinnen und Leser,

wie in den letzten Blogs beschrieben, habe ich von August bis Dezember 2017 ein Auslandssemester in Querétaro, Mexiko absolviert. Dabei konnte ich die mexikanische Kultur kennenlernen, war aber auch sehr viel mit anderen internationalen Austauschstudenten in Kontakt. Schon vor meiner Ankunft in Querétaro war mir bewusst, dass man als Austauschstudent nur bedingt mit mexikanischen Studenten in Kontakt kommt. Und so kam es dann auch in Wirklichkeit: Ich knüpfte einige, wenige, sehr gute Freundschaften mit Mexikanerinnen und Mexikanern, den größten Teil der Zeit verbrachte ich jedoch wie erwartet mit Austauschstudenten aus den verschiedensten Ländern dieser Welt. Dadurch lernte ich natürlich auch nochmals ganz neue Kulturen kennen – ich fand neue Freunde aus Frankreich, den Niederlanden, Korea, Australien den USA und vielen anderen Ländern – aber es fehlte doch etwas der Kontakt zu Mexiko.

     

Dementsprechend bewarb ich mich für die Zeit nach dem Auslandssemester für ein Praktikum bei Mercedes-Benz Mexiko. Diese Bewerbung war glücklicherweise erfolgreich, und nun arbeite ich als Praktikant in Mexiko City. Durch meine Arbeit als Praktikant kann ich Mexiko nochmals aus einem ganz anderen Blickwinkel kennenlernen: Auch wenn das Unternehmen deutsch ist, hier sind 100% meiner Kollegen Mexikaner und alles findet auf Spanisch statt. Dementsprechend bin ich hier sprachlich und kulturell deutlich näher an das „echte Mexiko“ gerückt, als zuvor an der international ausgerichteten Universität in Querétaro.

    

Neben den kulturellen Aspekten interessiere ich mich insbesondere für den Vergleich der Volkswirtschaften Mexiko und Deutschland. Mexiko ist ein wichtiger Wirtschaftspartner der deutschen Industrie in Lateinamerika. Und Deutschland ist Mexikos wichtigster Handelspartner in der EU. In den vergangenen Jahren ist der bilaterale Handel konstant kräftig gewachsen und Mexiko zum größten Exportmarkt der deutschen Industrie in der Region geworden. Insbesondere die Affinität zur Automobilindustrie verbinden Deutschland und Mexiko: Neben Mercedes-Benz sind auch VW, Audi und BMW zunehmend präsent in Mexiko, teilweise mit enorm großen Produktionsstandorten (z.B. VW in Puebla).

   

Dennoch gibt es auch große Unterschiede zwischen beiden Ländern. Deutschland als Hochlohnland mit Zugriff auf bestens ausgebildete Absolventen und mit extrem hohen technischen Standards steht im krassen Kontrast zu Mexiko. Hier sind viele Universitäten privat und damit sehr teuer – dies können sich nur die wenigsten Menschen leisten. Dementsprechend hoch ist der Kampf um qualifizierten Nachwuchs. Abgesehen von den wenigen Absolventen der renommierten Universitäten, die in elterlichen Betrieben oder großen internationalen Unternehmen angestellt werden, finden viele Mexikaner im produzierenden Gewerbe oder in der Dienstleistungsbranche Arbeit. Mexiko kann in diesen Bereichen eindeutig als Niedriglohnland bezeichnet werden. Wegen des überaus hohen Angebots an Arbeitskräften haben internationale Unternehmen viel in Produktionsstandorte in Mexiko investiert – dadurch wurde ein in Mexiko zuvor nicht gekannter Wirtschaftsaufschwung eingeleitet.

    

Das Potenzial, die Dynamik und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Mexikos bieten dementsprechend insgesamt gute Standortbedingungen für deutsche Unternehmen. Gleichzeitig leisten Investitionen aus Deutschland einen wichtigen Beitrag für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes – und sind so auch ein Schlüssel zum Wohlstand in Mexiko. Dennoch ging die Weltmarktintegration mit einer starken wirtschaftlichen und sozialen Polarisierung einher, da nur wenige Sektoren und Regionen zum Wirtschaftswachstum beitragen konnten. Der durch zunehmenden Handel generierte Wohlstand wird also leider nicht gleichmäßig über alle Bevölkerungsschichten hinweg verteilt. Auch die weiterhin stark verbreitet Korruption ist hier ein großes Hemmnis. Für die Zukunft wünsch ich mir für Mexiko also weiterhin einen gesunden wirtschaftlichen Aufschwung, an dem aber hoffentlich deutlich mehr Menschen teilhaben können.

   

Durch meine Blog-Einträge hoffe ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, für das Land Mexiko begeistern und gleichzeitig aber auch für die immer noch vorhandenen Probleme in dem aufstrebenden Schwellenland sensibilisieren zu können. Ich werde auch in Zukunft, von Deutschland aus, weiterhin mit großem Interesse die Entwicklungen in Mexiko verfolgen – und wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt, kann ich mir eine Rückkehr jederzeit vorstellen.

Damit verabschiede ich mich von Ihnen und danke Ihnen für das Interesse und die Treue. Darüber hinaus möchte ich mich erneut für die großzügige Unterstützung der Talentstiftung Henning Tögel bedanken, ohne die dieses Unterfangen so nicht möglich gewesen wäre.

Beste Grüße aus Mexiko

Alexander van Woudenberg

 

Auf die Frage nach der Situation der Bevölkerung und Unternehmen in Mexiko durch die veränderte US Politik von Donald Trump gibt Alexander van Woudenberg folgende Beobachtung und Einschätzung ab:

„Nach der Wahl von Donald Trump war in Mexiko natürlich, genau wie in Europa, die Verunsicherung groß. Insbesondere ein Rückgang der Investitionen in Mexiko wurde befürchtet, einhergehend mit der Angst, dass es bald keine NAFTA mehr gibt. Diese Verunsicherung hat sich, wenigstens ein Stück weit, wieder gelegt. Es wird investiert und die Prognosen sind positiv. Man hat gesehen, dass im Alltag häufig keine Taten auf die Androhungen von Populisten wie Trump folgen und man hat sich mit den neuen Gegebenheiten arrangiert.

Dennoch ist die Lage weiterhin angespannt, für die Handelsnation Mexiko ist der freie Handel innerhalb der NAFTA-Zone von sehr großer Bedeutung und ein Treiber des zunehmenden Wohlstands.“